Aufgrund der komplizierten Rechtslage und der Vielzahl der zu prüfenden und zu bedenkenden Punkte ist es für einen Arbeitnehmer ohne anwaltliche Hilfe nahezu unmöglich, alle Ansprüche im Rahmen eines Aufhebungsvertrages oder einer Kündigung durchzusetzen. Aber Anwalt ist nicht gleich Anwalt: Gerade beim Thema Aufhebungsvertrag ist die Auswahl eines geeigneten Rechtsanwalts für einen optimalen Ausgang des Verfahrens entscheidend.
Fünf Tipps zur Anwaltswahl:
TIPP 1: Bewerten Sie nicht die Kosten, sondern den Nutzen
- Viele Menschen, die von einem Verlust des Arbeitsplatzes bedroht sind, empfinden die Kosten für einen Rechtsanwalt als zusätzliche Ausgabe bei ohnehin angespannter finanzieller Lage. Ein wirklich guter Rechtsanwalt holt aber regelmäßig viel mehr als nur die Regelabfindung für seine Mandanten heraus, so dass er deutlich mehr als nur sein Honorar erarbeitet. Er kostet also unterm Strich nichts, sondern bezahlt sich selbst und erzielt zusätzliche Vorteile für seine Mandanten.
- Deshalb arbeitet ein guter Rechtsanwalt auch nicht zu Billigpreisen. Andererseits benötigt er aber auch keine überhöhten Honorare. Das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz regelt „eigentlich“ die Gebühren. Deshalb übernehmen die Rechtsschutzversicherungen diese Gebühren im Arbeitsrecht vollständig. Honorarvereinbarungen, die über diese Gebühren und damit die von den Rechtsschutzversicherungen erstatteten Gebühren hinausgehen, sollten Sie daher nicht eingehen.
- Seien Sie aber vorsichtig bei Lockangeboten nach dem Motto „Wir übernehmen die zwischen Ihnen und Ihrer Rechtsschutzversicherung vereinbarte Selbstbeteiligung“ oder „Sie zahlen uns nur mit einer Beteiligung an der Abfindung“. Das Übernehmen der Selbstbeteiligung durch einen Rechtsanwalt ist durch die Rechtsschutzversicherungen höchst ungern gesehen und auch rechtlich nicht eindeutig geklärt. Auch wenn die Selbstbeteiligung eventuell eine Hemmschwelle bei der Auftragserteilung darstellt: Es handelt sich um eine vergleichsweise sehr geringe Summe, und der Anwalt sollte durch seine Tätigkeit ein Vielfaches für den Mandanten herausholen.
- Das auf den ersten Blick faire Angebot, dass der Rechtsanwalt lediglich einen Anteil an Ihrer Abfindung erhält, ist mit noch größerer Vorsicht zu behandeln. Der Anwalt übernimmt hier scheinbar ein Risiko – wenn Sie keine Abfindung erhalten, bekommt er auch nichts. Die Wahrscheinlichkeit ist allerdings denkbar gering. Im Regelfall wird dem Arbeitnehmer im Rahmen einer Kündigungsschutzklage eine Abfindung in Höhe von einem halben Monatsgehalt je Jahr der Betriebszugehörigkeit zugesprochen, wenn er nicht an der Kündigung mitgewirkt oder diese herbeigeführt hat – und zwar ohne besonderen Aufwand durch den Anwalt. Von dieser Abfindung nimmt sich nun der Rechtsanwalt seinen Anteil – in der Regel ca. ein Drittel der Abfindung, häufig PLUS Mehrwertsteuer, so dass die Abfindung um fast 40% geschmälert wird. Der Arbeitnehmer hat also am Ende des Verfahrens deutlich weniger als die Regelabfindung in der Tasche. Wenn Ihnen aufgrund langer Betriebszugehörigkeit oder aufgrund eines hohen Gehaltes eine hohe Abfindung zusteht, sind die Kosten für den Rechtsanwalt bei dieser Abrechnungsmethode viel höher als nach Rechtsanwaltsvergütungsgesetz.
- Auch für den Rechtsanwalt gilt die simple Rechnung: Umsatz = Menge x Preis. Wer mit Niedrigpreisen und Rabatten wirbt, hat deshalb häufig seine Organisation auf hochgradig standardisierte Verfahren ausgerichtet, bei denen den Besonderheiten des einzelnen Falles keine Aufmerksamkeit geschenkt werden kann. Wichtig zu wissen ist auch, dass bei standardisierten Verfahren häufig alle weiteren Ansprüche des Arbeitnehmers ungeprüft bleiben. Diese können in Resturlaub, Gratifikationen, Bonuszahlungen, variablen Gehaltsbestandteilen und vielen anderen mehr bestehen. Diese Ansprüche sind häufig mehr Geld wert als die Regelabfindung.
- Gute Anwälte werden Ihnen solche Angebote nicht unterbreiten. Ein erfahrener Rechtsanwalt wird sämtliche Ansprüche prüfen und mit Ihnen gemeinsam Ihre Ziele in dem anstehenden Beendigungsverfahren festlegen. Dann wird er mit einer bewährten Verhandlungsstrategie das Optimum für Sie herausholen. Und er wird sein Honorar gemäß Rechtsanwaltsvergütungsgesetz mit Ihnen oder mit Ihrer Rechtsschutzversicherung abrechnen. Am Ende ist die Chance, dass Sie auf diese Weise deutlich mehr Geld als nur die Regelabfindung erhalten, sehr hoch. Der Rechtsanwalt bezahlt sich quasi selbst, ohne dass Sie von der dringend benötigten Abfindung einen Teil abgeben müssen.
Tipp 2: Finden Sie einen Experten
Der Titel „Fachanwalt für Arbeitsrecht“ stellt sicher, dass die erforderliche Berufserfahrung und Qualifikation vorliegt. Scheuen Sie sich aber nicht zu fragen, wieviele Mandate der Rechtsanwalt schon abgeschlossen hat. Sie können dann leicht eine kleine Plausibilitätsprüfung durchführen, indem Sie die Anzahl der Mandate durch die Anzahle seiner Berufsjahre teilen. Wenn Ihr Anwalt deutlich mehr als 200 Mandate pro Jahr abwickelt, muss er weitgehend standardisierte Verfahren anwenden. Er kann nur sehr begrenzt auf jeden Einzelfall eingehen. Ist die Zahl dagegen zu gering, fehlt möglicherweise die dringend erforderliche Erfahrung in Beendigungsverfahren.
Tipp 3: Prüfen Sie Empfehlungen kritisch
Zuverlässige Empfehlungen aus dem Freundes- und Bekannten-Netzwerk sind hilfreich. Vorsicht jedoch bei Empfehlungen von Institutionen, die mit einer Empfehlung zum Teil eigene Interessen verfolgen (Betriebsrat, Finanzdienstleister etc). Wenn Sie einen Experten im Internet suchen, sollten Sie etwaige Bewertungen kritisch lesen und hinterfragen. Gerade bei arbeitsrechtlichen Verfahren sind verständlicherweise relativ wenige Menschen bereit, Bewertungen unter ihrem vollen Namen abzugeben. Wenn ein Anwalt viele Dutzende oder gar Hunderte von – natürlich positiven – Bewertungen hat, sollten Sie besonders kritisch lesen. Andererseits gibt es (zum Glück) immer wieder Mandanten, die den Wert einer guten Bewertung im Internet verstehen, und die aus echter Wertschätzung eine faire Bewertung der Arbeit ihres Rechtsanwaltes abgeben. Mit sorgfältigem Lesen lassen sich diese Bewertungen durchaus identifizieren.
Tipp 4: Gespräch vor Mandatserteilung
Vor Mandatserteilung (und damit vor dem Entstehen von Kosten) sollten Sie die Möglichkeit haben, Ihren Rechtsanwalt im Rahmen einer unverbindlichen persönlichen oder telefonischen Besprechung kennenzulernen. Letzten Endes ist es wichtig, dass „die Chemie zwischen Ihnen stimmt“. Der Unterschied zwischen einem guten und motivierten Experten und einem Rechtsanwalt, der eher auf die schnelle und standardisierte Abwicklung von Mandaten setzt, kann für Sie viele tausend Euro wert sein. Und schließlich ist Tipp 4 eine wesentliche Voraussetzung für Tipp Nummer 5.
Tipp 5: Prüfen Sie das Vertrauensverhältnis
Wichtig ist es für die Anwaltsauswahl zu wissen, dass ein Rechtsanwalt seine Gebühren unabhängig vom Ausgang des Verfahrens und unabhängig vom Erfolg des Verfahrens, insbesondere der HGerade bei Kündigungen und Abfindungsverträgen ist es somit entscheidend, nicht nur einen spezialisierten, sondern auch vertrauenswürdigen Rechtsanwalt zu beauftragen. Was ist seine Motivation, das Optimum für Sie herauszuholen? Ist er erst zufrieden, wenn Sie es sind? Weist er Sie gegebenenfalls auf Risiken hin?
Neben den rationalen Entscheidungsgründen dürfen Sie sich durchaus auf Ihr „Bauchgefühl“ verlassen.
Fazit
Es gibt nur wenige Situationen im Leben, bei denen man durch eine vorschnelle oder unbedachte Entscheidung so viel Geld verlieren kann wie bei einem Aufhebungsvertrag oder einer Kündigung. Erschwerend ist, dass die Entscheidung unter Druck gefällt wird, denn der Verlust des Arbeitsplatzes und die damit verbundenen Unsicherheiten und Zukunftsängste stellen für beinahe jeden eine Stresssituation dar.
Deshalb: Nehmen Sie sich Ruhe und Zeit. Seien Sie vorsichtig bei Angeboten, die Ihnen die Anwaltsleistungen über den Preis verkaufen wollen. Wählen Sie einen Experten für Beendigungsverfahren, bei dem Sie überzeugt sind, dass er das optimale Ergebnis für Sie erzielen wird.