Sperrzeiten beim Arbeitslosengeld
Die Bundesagentur für Arbeit bietet auf ihren Internetseiten detaillierte Informationen zum Thema Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dem Zusammenhang mit dem Bezug des Arbeitslosengeldes an. Vielen Arbeitnehmern ist nicht klar, dass sie mehrere Voraussetzungen erfüllen müssen, um Arbeitslosengeld zu erhalten.
Anspruchsvoraussetzungen
Um überhaupt Anspruch auf Arbeitslosengeld zu haben, müssen innerhalb der letzten zwei Jahre für mindestens 360 Kalendertage Beiträge zur Arbeitslosenversicherung geleistet worden sein. Darüber hinaus müssen aber weitere Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sein. Der Arbeitnehmer muss
- arbeitslos sein UND
- die Anwartschaftszeit erfüllt haben UND
- sich persönlich arbeitslos gemeldet haben.
Die Anwartschaftszeit gilt im Rahmen der oben genannten 360-Tage-Regel als erfüllt. In Ausnahmefällen kann auch eine verkürzte Anwartschaftzeit in Frage kommen. Detaillierte Anforderungen dazu finden Sie hier.
Sperrzeit
Im Rahmen eines Aufhebungsvertrages spielt das Thema „Sperrzeiten beim Bezug von Arbeitslosengeld“ eine sehr wichtige Rolle. Die Informationen der Bundesagentur für Arbeit sind in diesem Zusammenhang sehr explizit:
Beschäftigungsverhältnisse enden in der Regel durch Kündigung seitens des Arbeitgebers oder Arbeitnehmers oder in gegenseitigem Einvernehmen (Aufhebungsvertrag).
Sie haben Ihr Beschäftigungsverhältnis auch dann selbst gelöst, wenn Sie einen Aufhebungsvertrag schließen, denn der Vertrag kann ohne Ihre Zustimmung nicht zustande kommen.
Aufhebungsverträge können auch durch stillschweigendes Einvernehmen zustande kommen.
Viele Arbeitgeber sprechen gegenüber langjährigen Beschäftigten ohne deren Einwilligung keine Kündigung aus. Gegebenenfalls bedeutet dies „eigene Arbeitsaufgabe“.
Eine Lösung des Beschäftigungsverhältnisses durch den Arbeitnehmer liegt in der Regel auch dann vor, wenn nach Ausspruch einer Arbeitgeberkündigung innerhalb der Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage ein so genannter Abwicklungsvertrag geschlossen wurde.
Im Klartext heißt das, dass die Bundesagentur bei Vorliegen eines Aufhebungsvertrages grundsätzlich davon ausgeht, dass der Arbeitnehmer an der Auflösung des Arbeitsverhältnisses mitgewirkt hat. Und dies wiederum zieht regelmäßig eine Sperrzeit nach sich. Die Sperrzeit hat erhebliche Folgen. Sie führt dazu, dass Sie zu Beginn der Arbeitslosigkeit keine Bezüge haben, und dass Sie Ihre Kranken- und gegebenenfalls Rentenversicherung in voller Höhe (also Arbeitnehmer- PLUS Arbeitgeberanteile) tragen müssen. Außerdem wird Ihre gesamte Bezugszeit reduziert, und zwar häufig länger als die eigentliche Sperrfrist.
Immer wieder – selbst in einschlägigen Fachartikeln – wird nahegelegt, dass eine Sperrzeit vermieden werden kann, wenn bestimmte Formulierungen im Aufhebungsvertrag stehen. Zwei Beispiele:
„Schließen Arbeitgeber und Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag, streicht die Agentur für Arbeit in der Regel in den ersten zwölf Wochen das Arbeitslosengeld. Ausnahme: wenn im Vertrag eine Klausel steht, dass der Vertrag nur geschlossen wurde, um eine betriebsbedingte Kündigung zu vermeiden.“ (Spiegel Online 2015)
„Dass ein Aufhebungsvertrag die einvernehmliche Trennung regelt, führt meist dazu, dass die Arbeitsagentur hier eine vom Mitarbeiter selbst verursachte Arbeitslosigkeit vermutet. Die Folge: eine Sperre von drei Monaten beim Arbeitslosengeld. Umgehen lässt sich dieses Risiko eventuell, wenn eine Kündigung konkret droht und der Aufhebungsvertrag eine Formulierung wie „zur Vermeidung einer sonst unumgänglichen betriebsbedingten Kündigung“ enthält.“ (Spiegel Online 2015 und 2016)
Wenn sich der Arbeitnehmer darauf verlässt, dass diese Formulierungen ausreichen, um eine Sperrzeit zuverlässig zu vermeiden, steht ihm oft eine böse Überraschung ins Haus. In den oben zitierten Informationen der Bundesagentur sind derartige Ausnahmen nicht erwähnt. Stattdessen wird klar und deutlich festgestellt, dass die Bundesagentur immer davon ausgeht, dass ein Aufhebungsvertrag das Einverständnis des Arbeitnehmers impliziert. An anderer Stelle heißt es dazu explizit:
„Ein wichtiger Grund liegt in der Regel nicht vor, wenn Sie die Arbeit aufgegeben haben, weil ansonsten ein anderer Arbeitnehmer arbeitslos geworden wäre, oder ein Aufhebungsvertrag geschlossen wurde, um einer Kündigung durch den Arbeitgeber zuvor zu kommen.“
Der Arbeitnehmer kann demnach auch durch Klauseln im Aufhebungsvertrag keine Sicherheit erlangen, dass keine Sperrfrist verhängt wird.
Abfindungen
Auch die Vereinbarung einer Abfindung wird durch die Bundesagentur als Indiz für eine einvernehmliche Trennung – und damit für eine Mitwirkung des Arbeitnehmers – angesehen, wenn sie nicht im Rahmen eines gerichtlich protokollierten Vergleiches festgelegt wurde.
Hier das wörtliche Zitat aus den Informationen der Bundesagentur (Hervorhebungen von uns):
Nicht selten erhalten Sie im Zusammenhang mit der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung – die sogenannte Entlassungsentschädigung.
Sie müssen damit rechnen, dass eine Sperrzeit eintritt, wenn Sie bei einer rechtswidrigen Kündigung im Gegenzug zu Ihrem Ausscheiden vom Arbeitgeber eine Entlassungsentschädigung erhalten.
Wenn Sie gegen eine Vergünstigung an der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses mitgewirkt haben (zum Beispiel durch Verzicht auf Kündigungsschutz gegen Zahlung einer Abfindung), liegt stets eine Eigenlösung des Beschäftigungsverhältnisses vor. Die Zahlung einer Abfindung kann auch zu einem weiteren Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld führen, wenn die maßgebliche Kündigungsfrist nicht eingehalten wurde.“
Hier wird deutlich, dass es für den Arbeitnehmer nicht einfach ist, einen Beweis zu führen, dass er die Lösung des Arbeitsverhältnisses nicht selbst herbeigeführt oder zumindest daran mitgewirkt hat. Selbst eine ausgesprochene Kündigung bietet keine ausreichende Sicherheit:
„Eine Lösung des Beschäftigungsverhältnisses durch den Arbeitnehmer liegt in der Regel auch dann vor, wenn nach Ausspruch einer Arbeitgeberkündigung innerhalb der Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage ein so genannter Abwicklungsvertrag geschlossen wurde.
Formal gesehen ist nur die Kündigungsschutzklage ein eindeutiger Nachweis, dass der Arbeitnehmer versucht hat, sich gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu wehren.
Rechtsfolgen
Bei der Diskussion von Sperrzeiten wird der Fokus häufig nur auf die Dauer der eigentlichen Sperrzeit und auf die damit verbundenen finanziellen Nachteile gerichtet, also die Zeit ohne Entgelt und die Verpflichtung, die Sozialbeiträge (inklusive Arbeitgeberanteil) selbst zu tragen. Das Eintreten einer Sperrzeit hat aber noch bedeutende weitere Folgen.
Das Ruhen bedeutet, dass Ihnen Arbeitslosengeld für die Dauer der Sperrzeit nicht gezahlt wird.
Ihre Anspruchsdauer vermindert sich außerdem um die Tage der Sperrzeit (bei einer 12-wöchigen Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe mindestens um ein Viertel der Anspruchsdauer).
Beispiel:
Bei einer Anspruchsdauer von 24 Monaten vermindert sich diese um 6 Monate.
Ihr gesamter Leistungsanspruch erlischt, wenn Sie nach Entstehen des Anspruches Anlass zum Eintritt von Sperrzeiten mit einer Gesamtdauer von mindestens 21 Wochen geben.
Eine Sperrzeit hat also nicht nur die 12 Wochen ohne Entgelt zum Anfang der Arbeitslosigkeit zur Folge, sondern auch eine erhebliche Verkürzung am Ende der Anspruchszeit auf Arbeitslosengeld. Zusätzlich ist zu bedenken, dass die Formulierung „mindestens“ beinhaltet, dass die Agentur
- keinen Spielraum hinsichtlich einer geringeren Verkürzung der Anspruchsdauer hat
- gegebenenfalls eine längere Verkürzung der Anspruchsdauer festlegen kann.
Weitere Gründe für eine Sperrzeit
Die Bundesagentur wird regelmäßig Sperrzeiten verhängen, wenn der Arbeitnehmer bzw. der Arbeitslosengeldempfänger ohne wichtigen Grund
- das Beschäftigungsverhältnis selbst löst
- gegen die Bedingungen seines Arbeitsvertrages verstößt und damit Anlass für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gibt
- eine Arbeit ablehnt oder nicht antritt, die ihm von der Agentur für Arbeit angeboten wird
- sich weigert, an einer Maßnahme zur beruflichen Eingliederung teilzunehmen
- seine Teilnahme an einer solche Maßnahme abbricht
- nicht hinreichende eigene Bemühungen nachweist, einen neuen Arbeitsplatz zu finden, obwohl die Agentur für Arbeit ihn auf die Rechtsfolgen hingewiesen hat
- einer Aufforderung der Agentur, sich zu melden, nicht nachkommt
- einen von der Agentur angeordneten ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin nicht wahrnimmt, obwohl die Agentur für Arbeit ihn hinsichtlich der Rechtsfolgen belehrt hat.
Weniger problematisch sind nur Aufhebungsverträge, in deren Folge keine Leistungen der Bundesagentur für Arbeit (Arbeitslosengeld) in Anspruch genommen werden müssen, da bereits ein Anschlussarbeitsverhältnis fix vereinbart ist oder ein Übergang in die Altersrente erfolgt. Aber auch in solchen Konstellation sollte darauf geachtet werden, dass noch zu regelnde Punkte (insbesondere restliche Vergütungsansprüche sowie das Arbeitszeugnis) sorgfältig geregelt werden.